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Rosdorf gilt als eine der ältesten Siedlungen zwischen Oberweser und Leine, im Landkreis Göttingen sogar als die älteste. Ihre Spuren reichen zurück bis in die Jungsteinzeit. Das wissen wir aus vielen archäologischen Funden, die man seit ca. 1870 im heutigen Ortsgebiet machte.
Doch wann und wo wird Rosdorf zum ersten Mal schriftlich erwähnt?  Erkenntnissen der niedersächsischen Landesforschung (P. Aufgebauer) zufolge enthält eine Urkunde aus dem Jahr 1004 zum ersten Mal den Namen Rosdorf. Sie wurde für das Kloster Hilwartshausen (bei Hann. Münden) ausgestellt, das von seiner Gründung im Jahre 960 bis zu seiner Auflösung nach der Reformation eine der bedeutendsten Abteien im hiesigen Raum war.
In dem lateinischen Vertragstext wird ein Rechtsgeschäft beurkundet. Die Urkunde von 1004 liefert die erste schriftliche Erwähnung des Ortsnamens von Rosdorf.

Rasthorp” ist in der schmalen, ursprünglich ca 50 cm breiten und 99,5 cm langen Urkunde, die in der typischen Urkundenschrift des ll. Jahrhunderts geschrieben ist, durch das große Anfangs-R und die betont hochgezogenen Oberlängen der Buchstaben s, t und h rasch zu erkennen.

Für den Laien stellt eine mittelalterliche Urkunde an sich schon wegen ihrer kunstvollen, ohne Spezialkenntnisse nahezu unlesbaren Schrift ein Kuriosum dar. Das vorliegende Exemplar jedoch gilt selbst un-ter Fachleuten als eine Besonderheit. Unser Stück ist nämlich Teil einer ursprünglichen Doppelurkunde. Der Vertragstext war auf dem Pergament in zwei parallelen Spalten gleichlautend nebeneinander ge-schrieben. Nur die erste Textzeile und die beiden letzten, welche die Nennung des Ausstellungsortes und das Datum enthielten, liefen über die ganze Brei-te des Pergaments. In die Mitte der ersten Zeile hatte man zwischen beiden Textblöcken ein sogenanntes Sonnenkreuz gezeichnet, in die Mitte der letzten ein einfaches Balkenkreuz. Dann schnitt man das Pergament der Länge nach zwischen den beiden Spalten auseinander, wodurch die erste und die letzte Zeile sowie die beiden Kreuze halbiert wurden. Jede der beiden Vertragsparteien erhielt eine Pergamenthälfte. Im Bedarfsfall konnte man die Echtheit der Urkunden prüfen, indem man die Pergamenthälften mit den Schnittkanten aneinanderlegte; die zerteilten ersten und letzten Zeilen sowie die beiden halbierten Kreuze mußten einander dann ergänzen. Einen solchen Urkundentyp nennt man Chirograph.
Da nur der linke, für Hilwartshausen bestimmte Teil der Doppelurkunde erhalten ist, fehlt der rechte Teil der zerschnittenen Datumszeile und mit ihm das Tagesdatum. Der erhaltene Text nennt das dritte Regierungsjahr Heinrichs II. Da dieser am 7. Juni 1002 in Mainz zum König gekrönt wurde, muß unsere Urkunde nach dem 7. Juni 1004 ausgestellt worden sein (H. Goetting).
Heute wird das “Hilwartshäuser Chirograph von 1004” im Niedersächsischen Hauptstaatsarchiv Hannover aufbewahrt. In der Gemeindeverwaltung hängt eine Kopie der Urkunde aus.
Heidrun Dolezel, M.A.

 

Ist Rosdorf älter als im Jahr 1004 erwähnt?

Laut Fachhistoriker an der Akademie der Wissenschaften Mainz wird Rostorp in einer Urkunde Karls des Großen schon 781 genannt. In der Urkunde taucht der Name Hardrad auf. Dieser Hardrad, Besitzer Rostorps, dem zwei Boten Karl des Großen den Ort wegen eines nicht näher beschriebenen Vergehens abgenommen hatten, ist eine historisch belegte Person, die fünf Jahre später, um 786, von Karl dem Großen als Rebell getötet und seines gesamten restlichen Besitzes beraubt wurde. Rosdorf und Göttingen haben lange zum Königreich Thüringen gehört, weshalb die Gegend bis weit ins 12. Jahrhundert in Urkunden noch als Thüringen (Thuringia) bezeichnet wurde, und in Rosdorf noch um 1120 thüringische Edelleute über Besitz am Ort verfügten.

Die Historiker verweisen auch auf die Reihengräber von Rosdorf, deren Datierung auf die Zeitspanne zwischen 780 bis 810 weist. Bei den Ausgrabungen sollen Funde, die bedeutsam und speziell waren, einen Sachverhalt aufzeigen, der gemäß der damaligen Gesetzeslage, Einwohner und Besitzer dieses Ortes – Rostorp – so zu bestrafen, wie es die Urkunde von 781 beschreibt: hier wurde entgegen der kaiserlichen Anordnung nicht streng nach vorgeschriebenem christlichen Ritus bestattet, sondern noch versucht, die Toten entsprechend dem Glauben der sächsisch-heidnischen Vorväter ins Jenseits zu schicken. Das soll die Bedeutung der Rosdorfer Funde gegenüber allen anderen Reihengräberfeldern in der Umgebung ausmachen (so die Historiker).

Es soll auch eine Urkunde aus der fraglichen Zeit existieren, die davon berichtet, dass zwei Königsboten den Großgrundbesitzer eines Ortes (der genauso heißt wie Rosdorf) enteignen lässt, um diesen Besitz umgehend dem Kloster Fulda, dessen Aufgabe die Missionierung bzw. Zwangs-Christianisierung in dieser Gegend war, zukommen zu lassen.

Beweisen die Argumente, Fakten und Urkunden die weit frühere urkundliche Erwähnung Rosdorfs im Jahr 781? Dann wäre Rosdorf mit dem Rostorp der Urkunde von 781 gemeint und damit als Ort über 220 urkundlich älter, als bisher angenommen. Historiker müssen es wissen!

Manfred Hempfing, Ortsheimatpfleger

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